Gemeinsame elterliche Sorge unverheirateter Eltern als Regel?

Nach deutschem wie nach schweizerischem Recht übt die Mutter die elterliche Sorge alleine aus, wenn die Eltern nicht miteinander verheiratet sind. Ein Artikel in der «Welt» (Bezahlschranke) beschäftigt sich mit der Frage, ob nicht auch bei diesen Eltern die gemeinsame elterliche Sorge der Regelfall sein sollte. Aus rechtspolitischer Sicht sollte dies meines Erachtens bejaht werden: Sämtliche – durchaus bedenkenswerte – Argumente, welche gegen die gemeinsame elterliche Sorge unverheirateter Eltern sprechen können, können auch bei miteinander verheirateten Eltern bestehen. Zudem wäre das gemeinsame Sorgerecht auch künftig «nur» der Regelfall – Ausnahmen müssten natürlich zulässig bleiben. Schliesslich gilt es zu bedenken, dass die Verfahren für die Errichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge (vgl. in der Schweiz Art. 298b ZGB) den Eltern eine (u.U. sehr willkommene) Gelegenheit einräumen können, ihre Konflikte vor Behörden auszutragen bzw. zu intensivieren.

Rechtspolitisch könnte man sich «flankierend» überlegen, ob die Eltern bis zu einem gewissen Zeitpunkt nach Bestehen des gemeinsamen Sorgerechts die Alleinsorge beantragen können sollten, ohne dass dafür eine erhebliche und dauerhafte Veränderung der Verhältnisse nötig wäre (eine solche Veränderung der Verhältnisse verlangt die Gesetzgeberin momentan für die Abänderung der elterlichen Sorge). Festzulegen wäre dann, ob die Eltern die Alleinsorge durch eine gemeinsame Erklärung begründen können sollten, oder ob die Behörden entscheiden müssten, ob im Einzelfall die Alleinsorge mit Blick auf das Kindeswohl jedenfalls vertretbar ist.

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Nahe stehende Personen

Nahe stehende Personen sind unter Umständen zur kantonalen Beschwerde legitimiert (vgl. Art. 450 ZGB). In einem neueren Entscheid hat das Bundesgericht klargestellt, dass eine Person geeignet sein muss, die Interessen der betroffenen Person zu wahren, um als nahe stehend qualifiziert werden zu können. Diesbezüglich hat sich das Bundesgericht mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine Inhaberin der elterlichen Sorge als geeignet anzusehen ist, gegen einen Entscheid der KESB betreffend die Drittverwaltung des Kindesvermögens (vorliegend: Zustimmung nach Art. 416 ZGB) Beschwerde zu führen, falls dieser Elternteil gestützt auf die Bestimmungen zum freien Kindesvermögen (vgl. Art. 321 f. ZGB) von der Verwaltung des Kindesvermögens ausgeschlossen worden ist. Das Gericht hat dafürgehalten, die Eignung sei durch den Ausschluss von der Verwaltung nicht per se zu verneinen.

Weiter hat das Bundesgericht festgehalten, eine Drittperson müsse auch tatsächlich die Wahrung der Interessen der betroffenen Person mit der Beschwerde bezwecken, um als nahestehende Person qualifiziert zu werden.

Auf die in seiner bisherigen Rechtsprechung postulierten Kriterien für nahe stehenden Personen (1. Unmittelbare Kenntnis der Persönlichkeit der betroffenen Person; 2. Beziehung zur betroffenen Person von Verantwortung für deren Ergehen geprägt; 3. Beziehung von der betroffenen Person bejaht, vgl. BGer vom 7.12.2015, 5A_112/2015, E. 2.5.1.2) ist das Bundesgericht demgegenüber nicht eingegangen. Diese Kriterien dürften weiterhin relevant sein, um die Eignung einer Person zu bejahen.

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Öffentlich-rechtlicher Kindesschutz im Schulrecht

Art. 19 BV gewährleistet einen Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht. Die Bestimmung gewährleistet die Unentgeltlichkeit des Schulbesuchs grundsätzlich „nur“ in jener öffentlichen Schule, die dem Kind durch die Gemeinde des gewöhnlichen Aufenthalts zugewiesen wird. Ist die Entwicklung des Kindes am ordentlichen Schulort ernsthaft gefährdet und gelingt es den zuständigen Schulbehörden nicht, die Situation durch geeignete Massnahmen zu entschärfen, muss die zuständige Gemeinde den unentgeltlichen Schulbesuch aber ausnahmsweise auch auswärts gewährleisten, wenn diese Massnahme zu einer Besserung der Situation führt. In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht präzisiert, die Eltern dürften es nicht zu verantworten haben, dass der Besuch der ordentlicherweise zuständigen Schule nicht mehr in Frage kommt.

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Sommerpause!

Der KESR-Blog geht in die Sommerpause. Ich wünsche Ihnen eine schöne Sommerzeit und danke herzlich für das Interesse und die Rückmeldungen zu meinem Blog!

Luca Maranta

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Beschwerde in Zivilsachen: Beschwerdelegitimation aufgrund (angespannten) Geschäftsbeziehungen mit dem Beistand?

Im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht ist nur zur Beschwerde legitimiert, wer u.a. durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (Art. 76 Abs. 1 BGG). In einem neueren Fall hat ein Beschwerdeführer diese Voraussetzung mit der Begründung als erfüllt erachtet, sein Vermögen sei mit dem Vermögen der betroffenen Person (seiner Mutter) vielfältig verflochten. Insbesondere bestünden an verschiedenen Kunstgegenständen, die zur Sammlung der Familie gehörten, Gesamteigentum. Der Beschwerdeführer machte weiter geltend, er und seine Mutter seien beide an derselben Gesellschaft beteiligt, er lebe in einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft und verwalte das Wertschriftenportfeuille einer ihrer Gesellschaften. Damit müsse er sich mit dem Beistand auseinandersetzen und sich im Zusammenhang mit der Kunstsammlung gar Eingriffe in sein Eigentum gefallen lassen. Das Bundesgericht hat auf die sachenrechtlichen Rechtsbehelfe verwiesen. Im Übrigen hat es zu Recht festgehalten, die Beschwerdelegitimation könne nicht mit dem Argument bejaht werden, dass sich eine Person in seinen Geschäftsbeziehungen mit der Beistandsperson auseinandersetzen müsse und sich diese Beziehungen umso schwieriger ausgestalten, je weniger er zu jenem ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann.

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Art. 5 EMRK

Die Europäische Menschenrechtskonvention hat auf den Kindes- und Erwachsenenschutz vielfältige Auswirkungen. So beinhaltet Art. 5 EMRK materielle und verfahrensrechtliche Garantien im Zusammenhang mit fürsorgerischen Unterbringungen (soweit diese, wie in aller Regel der Fall, als Freiheitsentziehungen zu qualifizieren sind). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sein Handbuch zu Art. 5 EMRK aktualisiert. Von besonderem Interesse für den Bereich der FU sind insbesondere die Seiten 22 – 27.

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Kranke Seele – was tun?

Unter diesem Titel steht eine Sendung von „Planet Wissen“. Die Sendung stellt ausgewählte psychische Störungen vor. Sie geht weiter den Fragen nach, weshalb psychische Störungen zunehmen; welche Therapie am besten gegen bestimmte Störungen hilft; und woher die Resilienz kommt bzw. wie sie sich trainieren lässt. Die Sendung richtet sich primär an Laien. Sie ist aber auch für Fachpersonen von Interesse.

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Drehtürpsychiatrie

Nach dem Willen der Gesetzgeberin sollte das Recht der fürsorgerischen Unterbringung möglichst verhindern, dass die betroffenen Personen „Drehtürpatienten“ werden. Dieser Grundsatz hat das Bundesgericht in einem neueren Entscheid bestätigt: Demnach dürfen die Behörden das Risiko einer Wiedereinweisung für den Fall, dass die betroffene Person sich, einmal entlassen, einer medikamentösen Behandlung entzieht, in die Interessenabwägung einbeziehen. Dieses Risiko vermöge eine Zurückbehaltung in der Einrichtung zu rechtfertigen

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Absurdes Verfahrensrecht

Die an sich einfache Frage, ob in einem Rechtsmittelverfahren Gerichtsferien gelten, ist im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht sehr kompliziert ausgestaltet, wie ein Beschwerdeführer vor Bundesgericht erfahren musste. Geht man mit dem Bundesgericht davon aus, es bestünden von Bundesrechts wegen keine Gerichtsferien, bestimmt sich diese Frage nach kantonalem Recht. In einem neueren Entscheid musste das Bundesgericht darlegen, dass die schweizerische Zivilprozessordnung (und die darin geregelten Gerichtsferien) dann nur subsidiär als kantonales Recht anwendbar sind: Andere kantonale Verfahrensregeln sind vorrangig. Vorliegend kennt die VPO/BL keine Gerichtsferien. Der Fall liest sich wie ein Plädoyer für ein gesamtschweizerisches Verfahrensrecht (auch) im KESR!

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