Beschwerde gegen ärztliche FU: Innerkantonale örtliche Zuständigkeit

Das Bundesgericht hat im Urteil 5A_175/2020 entschieden, interkantonal seien für Beschwerden gegen örtliche FU die Gerichte des Kantons örtlich zuständig, in welchem die FU angeordnet worden ist. Wie das Obergericht des Kantons Zürich in einem neuerlich ergangenen Beschluss und Urteil überzeugend dargelegt hat, gilt dieser Grundsatz auch innerkantonal. Deshalb erwies sich im vorliegenden Fall § 62 Abs. 2 EG ZGB/ZH als bundesrechtswidrig.

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Ausserfamiliäre Platzierungen

Die KOKES und die SODK haben gemeinsame Empfehlungen zum Thema der ausserfamiliären Unterbringung erarbeitet. Diese haben zum Ziel, die Kinderrechte zu stärken, ein Leitgedanke ist die konsequente und altersgerechte Partizipation des Kindes in allen Phasen der Platzierung. Insgesamt wurden 42 Empfehlungen formuliert, die in einem rund 50-seitigen Bericht hergeleitet sind.

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Covid-19 Impfungen

Die Covid-19-Impfung führt bei Heimleitungen, Ärzt*innen, Angehörigen und Beistandspersonen gelegentlich zu Verunsicherungen. Unsicherheiten bestehen insbesondere bezüglich der Frage, wer über die Impfung entscheidet und nach welchen Kriterien das gemacht werden soll. Mit dem Ziel, diesen Unsicherheiten zu begegnen, hat die KOKES ein Merkblatt verfasst. Diese findet sich hier.

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Unentgeltliche Rechtsverbeiständung im KESR-Verfahren: Wechsel der Beistandsperson

Das Bundesgericht hatte in einem neuen Urteil die Möglichkeit, sich zur unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im KESR-Verfahren zu äussern. Dabei wiederholte es die allgemeinen Grundsätze: Demnach hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit zur Wahrung ihrer Rechte notwendig, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Droht das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, sonst nur dann, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen die Person auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre. Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse und allgemein die Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Fehlende Rechtskenntnisse vermögen aber die Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung bzw. einen „Ausnahmefall“ im Sinn der Rechtsprechung nicht zu begründen. Massgebend ist schliesslich auch das Prinzip der Waffengleichheit. Weiter hielt das Bundesgericht fest, bei Geltung der Untersuchungsmaxime  rechtfertigt es sich, an die Voraussetzungen, unter denen eine rechtsanwaltliche Verbeiständung sachlich geboten ist, einen strengen Massstab anzulegen.

Das Bundesgericht hat festgehalten, der Wechsel der Beistandsperson stelle kein besonders starker Eingriff in die Rechtsposition der Betroffenen dar. Auch lägen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten vor. Die Betroffenen müssen mit anderen Worten das Vorliegen besonderer tatsächlicher Schwierigkeiten darlegen oder nachweisen, dass die Bestellung eines Rechtsvertreters aufgrund der sog. Waffengleichheit nötig sei.

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Blick über den Tellerrand für das FU-Recht

In England & Wales wird derzeit das sog. «Mental Health Law» einer Totalrevision unterzogen. Die Regierung hat nun diesbezüglich ein Konsultationspapier veröffentlich. Interessant für das schweizerische FU-Recht sind insbesondere zwei Aspekte: Zunächst die Idee, wonach Psychiatrische Patientenverfügungen (sog. «advance choice documents»), von Ausnahmefällen abgesehen, bindende Wirkung erlangen sollen (und nicht nur, wie in der Schweiz, zu beachten sind). Zudem ist die Diskussion von Interesse, ob ein künftiger Patient noch im Zustand der Urteilsfähigkeit einer Unterbringung zustimmen kann. Mit der Folge, dass die Behörden im Zeitpunkt des Eintritts keine behördliche Anordnung (wie z.B. die fürsorgerische Unterbringung) erlassen müssen. Das (auch im Übrigen interessante) Diskussionspapier findet sich hier.

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Es lebe das Familiengericht!

Normalerweise berichte ich nicht über eigene Fälle. Heute muss ich aber eine Ausnahme machen.

Im Rahmen eines eherechtlichen Verfahrens habe ich im Namen des Vaters eine Gefährdungsmeldung für sein Kind eingereicht. Begründet habe ich die Gefährdungsmeldung damit, dass die Erziehungsfähigkeit der Mutter, bei welcher das Kind teilweise wohnt, in Frage steht.

Nachdem das Gericht nicht umgehend über die Eröffnung eines Verfahrens entschieden hatte, sondern zuvor die Gefährdungsmeldung zur Wahrung des rechtlichen Gehörs der Mutter zugestellt hatte (ein Vorgehen, welches zu Recht keine KESB vornimmt: Bevor das Verfahren nicht eröffnet ist, haben die Betroffenen nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine Parteirechte; nach der Verfahrenseröffnung können sich die Betroffenen immer noch über die Gefährdungsmeldung äussern), begründete das Gericht heute, weshalb es auf die Eröffnung eines Verfahrens verzichten werde (d.h. im Ergebnis, weshalb die Gefährdungsmeldung substanzlos sei): Zunächst seien nur Meldungen von Lehrpersonen relevant. Zudem wolle das Gericht im Armenrecht (mein Klient hatte die unentgeltliche Rechtspflege erlangt) keine zu grossen Aufwendungen tätigen. Offenbar bemisst sich das Kindeswohl nach den finanziellen Verhältnissen der Eltern!

Anmerkung: Dieser Blogeintrag ist am 20. Januar 2020 inhaltlich leicht abgeändert worden.

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Nahe stehende Person / persönlicher Beistand i.S.v. Art. 374 ZGB

In einem kürzlich publizierten Urteil musste sich das Obergericht des Kantons Zürich mit folgendem Sachverhalt befassen: Die KESB hatte einem Ehemann das gesetzliche Vertretungsrecht bei Urteilsunfähigkeit eines Ehegatten (vgl. Art. 374 ff. ZGB) entzogen (Art. 376 ZGB). Der Bezirksrat (vorliegend die erste Rechtsmittelinstanz im Kanton Zürich) hob diesen Entzug auf Beschwerde des Ehemanns hin wieder auf. Er verweigerte aber dem Ehemann eine Urkunde betreffend seine Vertretungsberechtigung. Dagegen erhob der Ehemann Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich (zweite Rechtsmittelinstanz im Kanton Zürich). Dieses hielt fest, der Ehemann wohne nicht mit der Ehefrau, und er leiste ihr auch keinen persönlichen Beistand (vgl. Art. 374 Abs. 1 ZGB), weshalb er nicht vertretungsberechtigt sei (und eine Urkunde folglich zu Recht nicht erstellt worden sei).

Unbesehen der obigen Feststellungen zum Verhältnis zwischen den Ehegatten qualifizierte das Gericht den Ehemann dennoch als nahe stehende, mithin zur Beschwerde legitimierte Person (vgl. Art. 450 Abs. 1 ZGB). Daraus erhellt, dass eine nahe stehende Person nicht ohne Weiteres als Person zu betrachten ist, welche auch persönlichen Beistand i.S.v. Art. 374 ZGB leistet. Im Rahmen der Beschwerdelegitimation gelten also weniger strenge Anforderungen an das Verhältnis zwischen den Ehegatten als im Rahmen des gesetzlichen Vertretungsrechts.

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Ausflug ins Unterhaltsrecht

Normalerweise beschränkt sich dieser Blog auf das Kindes- und Erwachsenenschutzrecht im engeren Sinn. Heute nehme ich aber eine Ausnahme vor: Das Bundesgericht hat in einem neueren, zur Publikation in der amtlichen Sammlung bestimmten Urteil die Grundsätze konkretisiert, nach welchen der Barunterhalt berechnet werden muss. Neu ist grundsätzlich nur noch eine Berechnungsmethode zulässig, nämlich die sog. zweistufige Methode mit Überschussverteilung. Eine Ausnahme ist nur noch in „besonderen Situationen“ zulässig, namentlich bei aussergewöhnlich guten Verhältnissen. Im Entscheid legt das Bundesgericht detailliert dar, wie die Berechnung des Barunterhalts seiner Meinung nach vorzunehmen ist. Die Lektüre des Urteils ist ein absolutes Muss (auch) für alle KESR-Praktiker*innen, welche Eltern in Bezug auf die Erarbeitung eines Unterhaltsvertrages beraten, welche Unterhaltsverträge genehmigen und welche als Beistandspersonen von Kindern in Unterhaltsverfahren mitwirken!

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