Schlussbericht und Schlussrechnung bei Berufsbeistandspersonen

Gemäss Art. 425 Abs. 1 Satz 2 ZGB kann die KESB eine Berufsbeiständin von der Pflicht, einen Schlussbericht und ggf. eine Schlussrechnung zu erstellen, entbinden. In einem neueren Urteil hat das Bundesgericht präzisiert, dies sei bereits dann möglich, wenn der neuen Beistandsperson die ihr erforderlichen Informationen für die Mandatsführung auch ohne Schlussbericht (bzw. Schlussrechnung) vorliegen. Dies wird in aller Regel der Fall sein. Damit kann die KESB Berufsbeistandspersonen am Ende ihres Mandates in aller Regel von der Rechenschaftspflicht entbinden. Dies jedenfalls, wenn die für die «alte» Beiständin angesetzte Berichtsperiode für den Amtsnachfolger weiterläuft.

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Neues Jahr, neues Recht

Der Beginn des neuen Jahres bietet Gelegenheit, neue bundesrechtliche Normen mit Bezug auf den Kindes- und Erwachsenenschutz zu betrachten. Aus Sicht des Kindes- und Erwachsenenschutzes bzw. der KESB sind insbesondere zwei Normen von Relevanz. Aus zeitlichen Gründen muss ich leider darauf verzichten, diese Änderungen zu kommentieren.

Neu können Personen, die innerlich fest davon überzeugt sind, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören, gegenüber dem Zivilstandsamt erklären, den Eintrag ändern zu wollen. Diese Erklärung ist teilweise zustimmungsbedürftig (vgl. Art. 30b ZGB). So, wenn die erklärende Person das 16. Altersjahr noch nicht vollendet hat; wenn die erklärende Person unter umfassender Beistandschaft steht; oder wenn die Erwachsenenschutzbehörde dies angeordnet hat. Unter welchen Voraussetzungen die KESB eine Zustimmung anordnen sollen, erscheint nicht ohne weiteres klar und geht aus der bundesrätlichen Botschaft nicht hervor.

Diese spricht sich demgegenüber über den Rechtsschutz aus, wenn in den übrigen Konstellationen die Zustimmung verweigert wird.

Wenn die Zustimmung einem Kind unter elterlicher Sorge verweigert wird, kann dieses die KESB darum ersuchen, den Elternteil oder die Eltern zur Erteilung der fehlenden Zustimmung aufzufordern. Kann die Zustimmung auch auf diesem Weg nicht eingeholt werden, soll die KESB die Eltern gemäss der Botschaft nicht verbindlich zur Zustimmung anweisen können. Vielmehr stehe dann dem Kind die Möglichkeit offen, die Änderung oder Berichtigung des im Personenstandsregister eingetragenen Geschlechts beim Gericht zu beantragen.

Wenn die Zustimmung von der Beistandsperson oder vom Vormund verweigert wird, kann die erklärungswillige Person bei der KESB eine Beschwerde gegen die Verweigerung der Zustimmung einreichen (vgl. Art. 419 ZGB). Auf diesem Weg kann sie gemäss der Botschaft den Entscheid aufheben lassen und die gesetzliche Vertreterin oder den gesetzlichen Vertreter zur Erteilung der erforderlichen Zustimmung zur Erklärung über die Änderung des Geschlechts verpflichten lassen.

Weiter besteht nun eine bundesweite Verordnung über das Inkasso von Alimentenbeiträgen (Verordnung über die Inkassohilfe bei familienrechtlichen Unterstützungspflichten, InkHV, SR 211.214.32).

  • persönliches Beratungsgespräch mit der unterhaltsberechtigten Person
  • schriftliche Kontaktaufnahme mit der unterhaltspflichtigen Person
  • Einleitung eines Betreibungsverfahrens
  • Einreichung eines Schuldneranweisungsgesuchs
  • Erstattung eines Strafantrags wegen Vernachlässigung von Unterhaltspflichten
  • Meldung an die Vorsorge- oder Freizügigkeitseinrichtung

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Winterpause!

Der KESR-Blog geht in die Winterpause. Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, um mich bei meinen Leser*innen für das Interesse am KESR-Blog und die Rückmeldungen sowie Hinweise zu den einzelnen Posts zu bedanken. Auch im 2022 werde ich Sie  mit Freude über das aktuelle Geschehen im Kindes- und Erwachsenenschutz bedienen.

Ich wünsche Ihnen schon jetzt frohe Festtage und einen guten «Rutsch»!

Luca Maranta

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Patientenverfügung: So nicht!

«20 Minuten» berichtet heute über Patientenverfügungen und deren Relevanz. An sich ein löbliches Vorhaben würde die Patientenverfügung nicht implizit als Mittel gegen die knappen Kapazitäten auf Intensivstationen gepriesen. Damit bedient «20 Minuten» das Dammschwellargument gegen die Patientenverfügung, wonach sich Personen aufgrund von gesellschaftlichen Erwartungen gezwungen sähen, in einer Patientenverfügung medizinische Behandlungen abzulehnen. Der Artikel leistet der Patientenverfügung damit einen Bärendienst.

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Persönliche Anhörungen im KESR

Zurzeit können persönliche Anhörungen mittels Video- und Telefonkonferenz stattfinden (vgl. Art. 6 der Covid-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht). In der kantonalen Rechtsprechung wird offen gelassen, ob dies nicht immer möglich sei. D.h., ob die «persönliche Anhörung» i.S.v. Art. 447 Abs. 1 ZGB, Art. 450e ZGB sowie Art. 314a ZGB tatsächlich eine Präsenzanhörung verlange.

In einem neuen Urteil hat sich das Bundesgericht mit der (vergleichbaren) Fragestellung beschäftigen müssen, ob «mündliche Verhandlungen» gemäss Art. 78 Abs. 4 AIG die physische Anwesenheit der betroffenen erfordere. Es ist zum Schluss gekommen, dass die Anhörung jedenfalls solange in physischer Anwesenheit der betroffenen Personen stattfinden müssen, als die inhaftierte Person nicht in klarer Kenntnis der Tragweite ihres Entscheids auf die vom Gesetzgeber gewollte Unmittelbarkeit der mündlichen Verhandlung zugunsten einer Videokonferenz verzichtet.

Dies schliesse aber nicht aus, dass gestützt auf die Umstände im Einzelfall unter Berücksichtigung des sanitarischen Umfelds die mündliche Haftprüfung ausnahmsweise und gestützt auf eine entsprechende – allenfalls notrechtliche – Gesetzesgrundlage via Videokonferenz erfolgen könnte

Diese Grundsätze müssen sinngemäss auch für die «persönliche Anhörungen» des Erwachsenenschutzes gelten. 

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Erbrechtliche Zuwendungen an Beistandspersonen

Im erbrechtlichen Kontext hat das Bundesgericht ein Urteil (auch) von Relevanz für das Erwachsenenschutzrecht getroffen. Ein Mann pflegte ab 1997 im Wesentlichen alleine eine Frau, welche ohne die Unterstützung in ein Heim hätte eintreten müssen. Dafür bezog er für ein 50%-Pensum rund CHF 4’800.– Monat. Im Dezember 2009 wurde er zum «amtlichen Beistand» (so das Bundesgericht) der Frau ernannt. Diese erteilte ihm zudem im Oktober 2013 eine Generalvollmacht und beauftragte ihn im März 2014 als Vorsorgevollmachtnehmer. Im August 2014 schenkte die Frau dem Pfleger CHF 200’000.–.  

Die Frau setzte ihren Pfleger (bzw. Beistand und Vorsorgebeauftragen) auch als Vermächtnisnehmer ein, wovon dieser Kenntnis hatte. Nachdem die Frau verstorben war, machte der Pfleger das Vermächtnis – die Liegenschaft der Erblasserin – geltend. Im kantonalen Verfahren setzten sich aber die Erben mit ihrem Standpunkt durch, der Pfleger sei erbunwürdig (vgl. Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB).

Soweit für den Erwachsenenschutz interessant, stützte das Bundesgericht die vorinstanzliche, auch in der Lehre vertretene Argumentation, wonach ein Beistand (bzw. ein Vorsorgebeauftragter) eine Aufklärungspflicht gegenüber der verbeiständenten Person im Zusammenhang mit möglichen oder festgestellten Interessenkollisionen habe. Im vorliegenden Fall hätte der Pfleger deshalb die Erblasserin spätestens im Moment, als er Kenntnis von seiner erbrechtlichen Begünstigung erhalten hatte, orientieren müssen, dass er seine Dienste im Rahmen der Beistandschaft bzw. eines Dienstleistungsvertrags erbringe (und nicht im Rahmen eines von der Erblassering angenommenen Freundschaftsverhältnisses) und dass sich aus seiner erbrechtlichen Begünstigung für ihn eine unerwünschte und unzulässige Interessenkollision ergeben könnte. Mit der Unterlassung jeder Aufklärung habe der Pfleger die falsche Vorstellung, welche die Erblasserin über ihre Beziehung zu ihm hatte (und die ihm bekannt war), ausgenutzt und folglich arglistig i.S.v. Art. 540 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB gehandelt.

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Gutachten

Gemäss Art. 450e Abs. 3 ZGB muss bei kantonalen Beschwerden gegen fürsorgerische Unterbringungen ein Gutachten erstellt werden. Das Obergericht des Kantons Bern vertrat die Meinung, dieses Erfordernis gelte bei einer ärztlich angeordneten fürsorgerischen Unterbringung nicht. Das Bundesgericht hat, völlig zu Recht, dieser Rechtsprechung in einem neueren Urteil eine Absage erteilt.

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Kindesanhörung

In einem neuen Urteil musste sich das Gericht mit der Anhörung von Kindern auseinandersetzen, welche gemäss einem Elternteil unter starkem Einfluss des anderen Elternteils stehen. In Bezug auf nahezu volljährige Kinder (im Fall: 17 Jahr) hat es festgehalten, wenn diese tatsächlich derart unter dem Einfluss der Kindsmutter stehen sollten, dass sie den Willen der Kindsmutter bekunden würden, dürfe angesichts des Alters ohne Verletzung von Bundesrecht und ohne Willkür im Sinne einer antizipierten Beweiswürdigung davon ausgegangen werden, dass sie auch im Rahmen einer mündlichen Anhörung nicht ihren eigenen Willen vertreten würden (so dass die geltend gemacht Beeinflussung nicht für eine mündliche Anhörung sprechen würde).

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Beschwerdelegitimation Bundesgericht

Die Beschwerde in Zivilsachen setzt unter anderem voraus, dass die Beschwerde führende Person ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG). In einem neueren Urteil hat das Bundesgericht entscheiden, dass Art. 401 Abs. 2 ZGB – wonach die KESB bei der Bestellung der Beistandsperson, soweit tunlich, Wünsche der Angehörigen oder anderer nahestehenden Personen berücksichtigen muss – einer «übergangenen» erwünschten Beistandsperson kein schutzwürdiges Interesse verleihe. Die Bestimmung diene dem öffentlichen Interesse bzw. Interesse der betroffenen Person.

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