Uneinigkeit in Impffragen: Allgemeine Grundsätze

5A_154/2022

Aufgrund geistiger Behinderung verbeiständete die KESB einen (volljährigen) Mann. Als Beistandspersonen fungieren seine Eltern. Diese waren sich uneinig, ob ihr Sohn mit einem dafür zugelassenen mRNA-Impfstoff gegen COVID-19 geimpft werden sollte: Während der Vater dies befürwortete, sprach sich die Mutter gegen die Impfung aus. Diese gelangte schliesslich an das Bundesgericht. Dieses hielt in seinem Urteil Grundsätze fest, welche über die Impfung mit dem mRNA-Impfstoff  gegen den Corona-Virus hinaus von Bedeutung fest sind.

Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin folge aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung nicht, dass die Richtlinien und Empfehlungen des BAG „auch seitens der Justiz zwingend hinterfragt und überprüft werden“ müssen. Inwiefern das Recht die Gerichte verpflichte, die Impfempfehlung des BAG und der EKIF zur Beurteilung des konkreten Streitfalls heranziehen durfte und inwiefern es die eidgenössischen Leitlinien inhaltlich überprüfen musste, sei keine Frage der Zuständigkeitsordnung zwischen (kantonaler) Judikative und (eidgenössischer) Exekutive, sondern beschläge (wiederum) die Feststellung des Sachverhalts und die Anwendung des Rechts. 

Die Beschwerdeführerin stellte weiter die Vertrauenswürdigkeit der Empfehlungen und Richtlinien des BAG und der EKIF in Frage. Hierzu hielt das Bundesgericht fest, es sei nicht die Aufgabe der Gerichte, die an eine unbestimmte Anzahl von Personen gerichteten Empfehlungen einer Fachbehörde oder -stelle – sozusagen nach dem Vorbild eines „Obergutachtens“ – in jedem konkreten Anwendungsfall von Neuem wissenschaftlich auf die Kritik hin überprüfen zu lassen, die aus Expertenkreisen dagegen erhoben werde.

Das Bundesgericht verneinte – allerdings ohne nähere Begründung – die Haltung der Beschwerdeführerin, es müssen in jedem Einzelfall gutachterlich abgeklärt werden, welche Erkrankung (Masern oder COVID-19) für die betroffene Person gefährlicher und welche dagegen verfügbare Impfung wirksamer ist.

Um aufzuzeigen, dass die Impfung mit dem mRNA-Impfstoff nicht erforderlich ist, hätte die Beschwerdeführerin gemäss dem Bundesgericht darlegen müssen, ob die angesprochenen alternativen Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten in gleicher Weise zur Abwendung einer schweren COVID-19-Erkrankung geeignet sind. Dafür sei auch auf die Nebenwirkung der alternativ propagierten Alternativen zu einer Impfung darzulegen.