Persönliche Anhörung

In einem neu publizierten Urteil musste sich das Bundesgericht unter anderem mit der Tragweite von Art. 447 ZGB beschäftigen.

Dem Urteil lag, soweit in Bezug auf die persönliche Anhörung interessierend, folgender Sachverhalt zu Grunde: Die KESB hat einen Vater mittels einer Weisung untersagt, im Rahmen seines persönlichen Kontaktes das Kind durch die Grossmutter väterlicherseits betreuen zu lassen bzw. der Vater wurde angewiesen, bei persönlichen Kontakten zwischen dem Kind und der Grossmutter väterlicherseits stets anwesend zu sein. Grund für die Weisung war die Behauptung der Mutter, wonach die Grossmutter väterlicherseits der Vater in seiner Kindheit sexuell missbraucht habe. Einige Zeit später hob die KESB diese Weisung wieder auf. Gegen die Aufhebung der Weisung ist die Mutter schliesslich an das Bundesgericht gelangt.

Soweit vorliegend interessierend hat sie dabei geltend gemacht, die KESB habe (unter anderem) sie zu Unrecht nicht mündlich angehört, was die KESB missachtet habe. Unbestritten war demgegenüber, dass die Mutter vor dem Entscheid der KESB Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme erhielt.

Das Bundesgericht hielt zunächst fest, im Kindesschutz seien grundsätzlich die Eltern i.S.v. Art. 447 ZGB persönlich anzuhören. Im Ergebnis hielt das Gericht jedoch fest, die persönliche Anhörung sei unverhältnismässig, wo es für die Behörde auf den persönlichen Eindruck der betroffenen Person nicht entscheidend ankomme. In einer solchen Situation sei nämlich die persönliche Anhörung nicht erforderlich oder geeignet, die mit ihr verfolgten Zwecke (1. Sachverhaltsabklärung; 2. Wahrung der Persönlichkeitsrechte) der betroffenen Person zu erreichen.

Im Ergebnis sieht das Bundesgericht die persönliche Anhörung nur dann zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte als erforderlich, wenn es für die Behörde entscheidend auf den persönlichen Eindruck einer Person ankommt. Weshalb es für die Wahrung der Persönlichkeitsrechte darauf ankommen soll, dass ein persönlicher Eindruck aus Sicht der Behörde erforderlich ist, bleibt freilich offen.