Öffentliche und mündliche Verhandlung im kantonalen Beschwerdeverfahren

Das Bundesrecht sieht eine persönliche Anhörung im kantonalen Beschwerdeverfahren nur auf dem Gebiet der FU vor (vgl. Art. 450e Abs. 4 ZGB). Das kantonale Recht sieht regelmässig keine weitergehende Anhörungspflicht im Beschwerdeverfahren vor. Eine Pflicht zur öffentlichen und mündlichen Verhandlung ergibt sich aber aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Mit dieser Bestimmung hat sich das Bundesgericht in einem neueren Urteil beschäftigt.

Demnach kann die Öffentlichkeit bei familienrechtlichen Angelegenheiten im weiteren Sinne (in denen sich wie hier der Staat und eine Privatperson gegenüber stehen) nicht pauschal unter Hinweis auf den in Art. 6 Ziff. 1 EMRK als Ausschlussgrund genannten „Schutz des Privatlebens der Prozessparteien“ ausgeschlossen werden. Vielmehr muss ein solcher Ausschluss auf eine öffentliche und mündliche Verhandlung mit den konkreten Umständen des Einzelfalls begründet werden.

Da die Vorinstanz solche Umstände nicht dargetan hatte, stellte sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin explizit oder implizit auf die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung verzichtet hat. Obwohl die Beschwerdeführerin eine öffentliche und mündliche Verhandlung beantragt hatte, ging die Vorinstanz von einem impliziten Verzicht aus.

Dies einerseits mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe das Gesuch nicht begründet. Hierzu hielt das Bundesgericht zu Recht fest, eine solche Begründung sei nicht erforderlich (auch nicht, nachdem die Vorinstanz das Gesuch um öffentliche und mündliche Verhandlung abgewiesen hatte).

Andererseits vertrat die Vorinstanz die Ansicht, die Beschwerdeführerin habe auf die Verhandlung verzichtet, weil sie die verfahrensleitende Verfügung, mit welcher die Vorinstanz das Gesuch abgewiesen hatte, nicht beim Bundesgericht angefochten hat. Das Bundesgericht stellte fest, hierzu sei die Beschwerdeführerin nach Massgabe von Art. 93 Abs. 3 BGG nicht verpflichtet gewesen. Zudem liessen sich dem angefochtenen Entscheid keinerlei Sachverhaltselemente entnehmen, die den eindeutigen Schluss zulassen würden, dass die Beschwerdeführerin durch ihr Schweigen nach Abweisung ihrer Anträge auf ihren Anspruch auf eine öffentliche und mündliche Verhandlung verzichtet hätte.