Zuweilen befinden sich Mitarbeitende der KESB und Anwält*innen in einem erheblichen persönlichen Konflikt bzw. stehen sie sich stark feindselig zueinander. Wie in einem solchen Fall zu verfahren ist, musste das Bundesgericht in einem neueren Urteil darlegen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Präsident einer KESB war spätestens seit dem 18. November 2019 in einem Fall involviert. Am 5. Mai 2021 hat ein Anwalt der KESB angezeigt, er vertrete einen Elternteil des vom Fall betroffenen Kindes. Diese Konstellation war heikel: Der Präsident der KESB sowie der Anwalt (im Namen seiner Klientschaft) hatten vor der Mandatierung diverse Strafanzeigen gegen die andere Person eingereicht. Weiter hatte der Präsident der KESB standeswidriges Verhalten des Anwaltes bei der Advokatenkammer geltend gemacht und hatte er um Aufhebung des Amtsgeheimnisses ersucht, um gegen den Anwalt vorgehen zu können. Der Anwalt führte (wiederum im Namen seiner Klientschaft) Beschwerde gegen die Entscheidung der KESB, ihn in einem Verfahren die Postulationsfähigkeit (d.h. die Fähigkeit, eine Drittperson vor Gericht oder Behörden zu vertreten) abzusprechen. Weiter stellte er diverse Anträge um Ausstand des Präsidenten einer KESB.
Aus diesem Sachverhalt zog das Bundesgericht den Schluss, ein erheblicher persönlicher Konflikt liege vor. In einer solchen Situation muss entweder das Behördenmitglied in Ausstand treten (vgl. Art. 450f ZGB i.V.m. Art. 47 Abs. 1 lit. f ZPO) oder der Anwalt darf das Mandat nicht annehmen bzw. muss es niederlegen (vgl. Art. 12 lit. c BGFA). Es stellt sich also die Frage, welche dieser Rechtsfolgen eintritt. Das Bundesgericht hat in seinem Urteil die Rechtsprechung bestätigt, wonach es darauf ankomme, welche Person zuerst mit dem Fall betraut war. Vorliegend musste deshalb der Anwalt das Mandat niederlegen. Unerheblich ist demgegenüber, ob der persönliche Konflikt gegenseitig ist bzw. welche Person am Anfang des Konfliktes stand.
Dass im betreffenden Kanton „nur“ ein Präsident der KESB besteht, half dem Anwalt nicht weiter. Das Bundesgericht stellte fest, dass nach dem kantonalen Verfahrensrecht die KESB auch ohne Mitwirkung ihres Präsidenten entscheiden kann.