Beschwerdelegitimation

Gemäss Art. 450 Abs. 2 Ziff. 3 ZGB sind Dritte, welche nicht nahe stehende Personen sind, nur zur kantonalen Beschwerde legitimiert, wenn sie ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides haben. In einem neueren Urteil stellte das Bundesgericht klar, ein solches Interesse lasse sich sich nicht mit dem Argument begründen, ein anderes Verfahren vorbereiten zu wollen (hier: durch einen „aussagekräftigen, vollständigen sowie wahrheitsgetreuen“ Schlussbericht).

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Interkantonale Kompetenzstreitigkeiten

Erachten sich zwei in verschiedenen Kantone gelegenen KESB für einen Fall örtlich unzuständig, liegt ein sog. negativer interkantonaler Kompetenzkonflikt vor. Dann muss die KESB, welche zuerst mit dem Fall befasst war, ihre Beschwerdeinstanz anrufen (Art. 444 Abs. 4 ZGB). Kommt diese zum Schluss, die anrufende KESB sei zuständig – d.h. nicht die ausserkantonale KESB – liegt kein interkantonaler Zuständigkeitskonflikt mehr vor.

Es stellt sich dann die Frage, ob die innerkantonale KESB den Entscheid der Beschwerdeinstanz (mit welchem diese die örtliche Zuständigkeit dieser KESB bejaht worden ist) vor Bundesgericht anfechten kann.

In einem neueren Urteil prüfte das Bundesgericht die Legitimation der KESB zur Erhebung einer Beschwerde in Zivilsachen bzw. zur Rüge, die Beschwerdeinstanz habe zu Unrecht die örtliche Zuständigkeit der innerkantonalen KESB bejaht. Das Gericht verneinte die Legitimation. Es folgte seiner konstanten Rechtsprechung, wonach eine kantonale Behörde nur zur Beschwerde legitimiert ist, falls sie durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder aber in spezifischer, schutzwürdiger Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe betroffen wird, namentlich wenn einem Entscheid präjudizielle Bedeutung für die öffentliche Aufgabenerfüllung zukommt. Demgegenüber verschafft das Interesse an der richtigen Rechtsanwendung (z.B. der richtigen Anwendunng der Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit) keine Beschwerdelegitimation.

Die vorgestellte Rechtsprechung hat zur Folge, dass die innerkantonale KESB den Entscheid der Beschwerdeinstanz, wonach diese KESB örtlich zuständig sei, nicht vor Bundesgericht anfechten kann.

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Interessenkollision

Das Bundesgericht hatte in einem Urteil die Gelegenheit, sich mit den Folgen der Interessenkollision einer Beistandsperson zu befassen (das Vorliegen einer Interessenkollision war im Entscheid ebenfalls strittig, aber vorliegend nicht von Interesse).  

Eine Interessenkollision hat zur Folge, dass die (Vertretungs-)Kompetenzen der Beistandsperson erlöschen (Art. 403 Abs. 2 ZGB). Schliesst die Beistandsperson ein Rechtsgeschäft im Namen der verbeiständeten Person ab, ist dieses mangels gesetzlicher Vertretungskompetenz (zur auftragsrechtlichen Vertretungskompetenz siehe unten) nichtig. Damit fehlt es auch an einem Rechtsgeschäft, welchem gestützt auf Art. 416 ZGB die Zustimmung erteilt werden könnte. Entsprechend stellte sich im vorliegenden Fall gar nicht die Frage, ob die KESB das Rechtsgeschäft durch die Genehmigung mehrerer Rechenschaftsberichte implizit genehmigt hat. 

Wenn die gesetzliche Vertretungskompetenz entfällt, könnten Beistandspersonen versucht sein, mit der betroffenen Person einen unentgeltlichen (und damit nicht zustimmungsbedürftigen, Art. 416 Abs. 3 ZGB) Auftrag abzuschliessen und mittels der auf den Auftrag basierenden Vollmacht doch noch (trotz Interessenkollision) im Namen der betroffenen Person tätig zu werden. Diesem Vorgehen schob das Bundesgericht in einem obiter dictum einen Riegel: Das Gericht schloss sich der Lehre an, wonach (unentgeltliche) Aufträge nur ausserhalb der Aufgabenbereiche der Beistandsperson erteilt werden dürfen. Damit kann das Auftragsrecht nicht die erwachsenenschutzrechtlichen Vorgaben – vorliegend das Entfallen der Vertretungskompetenz der Beistandsperson bei einer Interessenkollision – übersteuern.  

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Sozialdienste 2.0

Der vorliegende Film präsentiert ein Sozialzentrum in Girona (Spanien), welches sich umfassend um alle Belange (z.B. auch Hilfe bei einer Straftat) sämtlicher behinderter Personen kümmert. Eine Vision für die Schweiz!

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Sommerpause!

Der Blog geht in die Sommerpause. Ich möchte die Gelegenheit benutzen, mich bei allen Leser*innen für die Treue zu bedanken. Ich hoffe, Sie verbringen eine schöne Sommerzeit!

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Ausflug ins Sozialversicherungsrecht

In aller Kürze soll hier ein Ausflug ins Sozialversicherungsrecht vorgenommen werden. In einem neueren Urteil musste das Bundesgericht entscheiden, was gilt, wenn eine Spitex-Organisation dem Spitex-Tarifvertrag nicht beigetreten ist. Zunächst entschied das Gericht, die Krankenkasse müsse auch Leistungen einer Spitex-Organisation vergüten, wenn diese dem Tarifvertrag nicht beigetreten ist. In Bezug auf Tarifhöhe und Berechnung einer Abrechnung sei der Spitex-Tarifvertrag trotz fehlendem Beitritt massgeblich. Das Urteil findet sich hier.

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Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung

In einem neueren Urteil musste sich das Gericht entscheiden, ob in einem Fall betreffend die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts eine Rechtsverzögerung bzw. Rechtsverweigerung vorlag. Da das Beschwerdeverfahren gegenstandslos wurde (in der Zwischenzeit hatte die Vorinstanz einen Entscheid getroffen) , konnte das Gericht die Sachlage nur im Rahmen der Verlegung der Verfahrenskosten mit summarischer Begründung prüfen. Dennoch kann aus dem Urteil der Grundsatz entnommen werden, wonach gerade der heikle und eingriffsintensive Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts naturgemäss eine gewisse zeitliche Priorisierung erfordere, dies auch vor dem Hintergrund der ganz anderen Zeitwahrnehmung durch Kinder, um deren Wohl es bei Kindesschutzmassnahmen gehe.

Meines Erachtens kann dieser Grundsatz nicht undifferenziert gelten: Es könnte umgekehrt argumentiert werden, gerade aufgrund der Auswirkungen des Aufenthaltsbestimmungsrechts müsse eine besonders sorgfältige Abklärung erfolgen, weshalb diese länger dauern darf als z.B. die Abklärung über eine Beistandschaft. D.h., dass eine Priorisierung zwar in Bezug auf die Verfahrensinstruktion sinnvoll erscheint. Nicht aber betreffend die Abklärung i.e.S.

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