Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind Massnahmen des Stafrechts gegenüber Massnahmen des Erwachsenenschutzes Vorrangig (BGE 92 IV 77; BGer vom 21.12.2016, 6B_232/2016, E. 3.3). In einem neueren Entscheid (vgl. E. 4) musste das Bundesgericht diesen Grundsatz auf einen Fall anwendem, in welchem ein Mann bedingt aus einer stationären Massnahme entlassen worden war. Obwohl er unbestrittenermassen (weiterhin) auf ein betreutes Wohnen angewiesen war, hat die Vollzugsbehörde mit der bedingten Entlassung den bestehenden Platzierungsvertrag gekündigt. Mit der Begründung, sie sei ab der bedingten Entlassung nicht mehr für die Kostentragung des Aufenthaltes zuständig. Das Bundesgericht hat klargestellt, dass dem nicht so ist: Erachtet die Vollzugsbehörde ein begleitetes Wohnen während der Zeit der bedingten Entlassung als notwendig, um einer Verwahrlosung und einer erneuten Delinquenz entgegenzuwirken, muss sie eine entsprechende Weisung erlassen. Dies selbst dann, wenn bereits entsprechende erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen ergriffen wurden oder die betroffene Person eine solche Massnahme wünscht. Im Ergebnis muss also die Vollzugsbehörde die Unterbringung während des bedingten Vollzuges finanzieren.
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