KESR vor Bundesgericht

Am Wochenende hat die «Sonntagszeitung» (Paywall) eine Analyse von 800 Bundesgerichtsurteile aus den Jahren 2013 – 2020 publiziert. Demnach wurden 5% der Beschwerden gutgeheissen. Diese Quote liegt markant unter dem Durchschnitt bei Beschwerden in Zivilsachen (2019: 10.5%).

Die Zahlen verdeutlichen einerseits, dass die KESB und die kantonalen Rechtsmittelbehörden gut arbeiten. Sie zeigen aber andererseits auch strukturelle Probleme im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht auf. So scheitern viele Betroffene auch aufgrund ihres Schwächezustandes bereits an den hohen formellen Vorgaben: Das Bundesgericht tritt fast in zwei Dritteln aller Fälle nicht auf die Beschwerde ein (d.h. es beurteilt sie gar nicht inhaltlich; zu beachten ist hier aber auch, dass das Bundesgericht auf viele Beschwerden gegen ärztliche FU’s nicht eintritt, weil sich die beschwerdeführende Person nicht mehr in der Klinik befindet und damit kein aktuelles Interesse an einer Beschwerde vorliegt). Im Unterschied zum kantonalen Verfahren können nahestehende Personen nicht fremdnützig für die Betroffenen tätig werden und damit deren Schwächezustand kompensieren: Das Bundesgerichtsgesetz verlangt im Rahmen der Beschwerdelegitimation ein eigenes schutzwürdiges Interesse (vgl. Art. 76 BGG). Schliesslich nimmt das Bundesgericht zu zurückhaltend eine Unfähigkeit der Betroffenen zur Prozessführung an (und gibt ihnen entsprechend zu zurückhaltend Anwaltspersonen bei, Art. 41 BGG).