Freiheitsentziehung durch die Inhaber der elterlichen Sorge?

Der englische Supreme Court musste sich in einem kürzlich ergangenen Urteil mit der Frage auseinandersetzen, ob die Inhaber der elterlichen Sorge der Unterbringung eines (geistig behinderten) 16- bzw. 17-jährigen Kindes zustimmen können, wenn die Umstände der Unterbringung als Freiheitsentziehung zu qualifizieren sind (vgl. insbes. Ziff. 42 – 48 des Urteils). Für die Schweiz ist dieses Urteil von Interesse, weil es sich unter anderem auf die EMRK bezieht. Betroffen sind namentliche Art. 8 EMRK (weil die elterliche Sorge in dessen Schutzbereich fällt) sowie Art. 5 EMRK (welcher spezifische Voraussetzungen und Garantien bei einem Freiheitsentzug normiert).

Die Mehrheit des Supreme Courts ist zum Schluss gelangt, eine Freiheitsentziehung i.S.v. Art. 5 EMRK setze unter anderem voraus, dass ein Kind mehr kontrolliert wird als ein anderes Kind im gleichen Alter. Unter anderem dadurch habe sich der vorliegend zu beurteilende Fall vom berühmten Entscheid des EGMR Nielsen v. Dänemark unterschieden. Weiter führte die Mehrheit des Supreme Courts aus, die Inhaber der elterlichen Sorge könnten generell nicht einem Eingriff in die grundlegendsten Rechte der EMRK zustimmen. Darunter falle neben dem Recht auf Leben, dem Recht, nicht gefoltert zu werden auch das Recht auf Freiheit. Entsprechend könnten die Inhaber der elterlichen Sorge einer Freiheitsentziehung i.S.v. Art. 5 EMRK nicht zustimmen.