Entscheid vor Ablauf der Rechtsmittelfrist?

In einem neueren Urteil hat das Bundegericht dargelegt, inwiefern die (kantonale) Beschwerdeinstanz vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen Entscheid treffen darf.

Das Gericht hielt fest, aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs lasse sich keine generelle Regel darüber aufstellen, ob über ein Rechtsmittel vor Ablauf der Rechtsmittelfrist entschieden werden darf oder nicht. Diese Frage sei vielmehr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und der Interessen der Beteiligten zu beantworten. Es seien durchaus Fälle denkbar, in denen ein rasches Vorgehen der Beschwerdeinstanz berechtigt sei und sogar im Interesse der das Rechtsmittel erhebenden Person liege. Zu prüfen sei, ob eine als abschliessend verstandene Rechtsmitteleingabe vorliege oder ob mit einer Ergänzung zu rechnen sei. Treffe das zweite zu und liefere die das Rechtsmittel erhebende Partei noch form- und fristgerecht eine Ergänzung nach, so laufe eine vorweggenommene Erledigung auf eine unzulässige Verkürzung der gesetzlich zwingend geregelten Rechtsmittelfrist hinaus und verletze damit das rechtliche Gehör. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Rechtsmittelinstanz nicht bereit sei, die Sache gestützt auf die form- und fristgerecht erfolgte Eingabe – im Rahmen des geltenden Prozessrechts – neu zu beurteilen.

Im vorliegenden Fall hielt der Beschwerdeführer in der Beschwerde folgendes fest: „Mein Anwalt wird die rechtlichen Aspekte einbringen (eigene Anmerkung: d.h. nach Ende der Beschwerdefrist, vgl. Art. 439 Abs. 2 ZGB), aber ich übe den Rechtsbehelf bereits innerhalb von 10 Tagen aus“. Entgegen der Vorinstanz gelangte das Bundesgericht zum Schluss, dass diese Formulierung unklar gewesen sei und die Vorinstanz jedenfalls nicht in guten Treuen davon ausgehen durfte, dass eine abschliessende Rechtsmitteleingabe vorliege. Sie hätte deshalb im Grundsatz mit ihrem Entscheid mindestens den Ablauf der Rechtsmittelfrist abwarten müssen.  Der kantonalen Beschwerdeinstanz kam aber zu Gute, dass der Beschwerdeführer innert der Frist gemäss Art. 439 Abs. 2 ZGB gar keine anwaltliche Eingabe eingereicht hatte. Damit war eine tatsächliche Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht dargetan.