Gutachten: Stellung der nahestehenden Person im KESR

Das Gutachten von Herrn Prof. Roland Fankhauser zur Stellung der nahestehenden Person im Kindes- und Erwachsenenschutz ist veröffentlicht worden. Basierend darauf, hat das Bundesamt für Justiz nun eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die einen allfälligen gesetzgeberischen Handlungsbedarf vertieft abklären soll. Dabei geht es vor allem darum, wie nahestehende Personen besser in die Verfahren und Entscheide der KESB einbezogen werden können. Bei entsprechendem Bedarf soll bis Ende 2019 eine Vernehmlassungsvorlage vorbereitet werden. Vgl. hierzu die Medienmitteilung des BJ

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Ein rechtshistorischer Ausflug des Bundesgerichts

In der Praxis werden weiterhin Schadenersatzansprüche für Handlungen geltend gemacht, welche sich vor 2013 zugetragen haben. Dann sind die Bestimmungen des Vormundschaftsrechts (aArt. 426 ff. ZGB) anwendbar. Das Bundesgericht musste in seinem Urteil 5A_388/2018 vom 3. April 2019 über zahlreiche Seiten hinweg geradezu mustermässig durchprüfen, ob ein provisorisch ernannter Mandatsträger haftbar ist. Der Entscheid ist nicht nur für rechtshistorisch Interessierte – und für Personen, welche sich (wie ich) mit «älteren Haftungsfällen» befassen – von Bedeutung. Einige der Ausführungen dürften auch tel quel für das heutige Haftungsrecht bedeutsam sein. So insbesondere die Ausführungen zur Berechnung des Schadens bei Titeln mit einem Kurswert (vgl. E. 5.5 und E. 6.2.1: Schaden bei «blossem» Kursverlust; relevante Zeitpunkte für die Berechnung des Schadens; Höhe des Zinssatzes; Berücksichtigung einer späteren Kurssteigerung) oder zur Frage, inwiefern die betroffene Person einem Schaden zustimmen kann (vgl. E. 6.1).

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Fürsorgerische Unterbringungen und Fremdgefährdung

Die 3. Kammer des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) hat sich in einem Entscheid vom 30. April 2019 (T.B. v. Schweiz, 1760/15) mit der Frage auseinandersetzen müssen, inwiefern eine fürsorgerische Unterbringung wegen Fremdgefährdung zulässig ist (vgl. allgemein zur Bedeutung von fremdgefährdetem Verhalten im Erwachsenenschutzrecht den ausgezeichneten Beitrag von Nora Bertschi und Boas Loeb). Mit dem Schweizerischen Bundesgericht (Entscheid 5A_500/2014 vom 8.7.2014) hat es dafürgehalten, dass Art. 426 ZGB fürsorgerische Unterbringungen ausschliesslich wegen Selbstgefährdungen zulasse. Der Gerichtshof hat aber das «Buebetrickli» des Bundesgerichts zu Recht nicht akzeptiert, wonach eine Person wegen ihres grossen Fremdgefährdungspotenzials persönlich schutzbedürftig – und damit selbstgefährdet – sein kann. Diese Auffassung sei zu generell und im angefochtenen Entscheid des Bundesgerichtes nicht vertieft begründet worden (vgl. Rz. 64 des Entscheides). Es bleibt abzuwarten, ob die Schweiz versuchen wird, den Fall durch die Grosse Kammer des EGMR behandeln zu lassen bzw. wie der Entscheid der 3. Kamer innerstaatlich umgesetzt werden wird (zumal die betroffene Person immer noch fürsorgerisch untergebracht ist, der angefochtene Entscheid sich aber «nur» auf die Zeitspanne von April 2014 bis April 2015 bezieht).

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Alles für ein „Like“

Unter diesem Titel untersuchen Sandra Husi-Stämpfli und Rita Jedelhauser in einem lesenswerten Beitrag, inwiefern es mit dem Kindeswohl vereinbar ist, dass Eltern Daten und Bilder ihrer Kinder im Internet veröffentlichen. Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Beitrag von Bruchbacher und Veljan zum Persönlichkeitsschutz von Minderjährigen im Internet nach österreichischem Recht.

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Fürsorgerische Unterbringung in psychiatrische Kliniken: Unterbringungsraten im internationalen Vergleich

Eine neue Studie aus England hat die Unterbringungsraten in 22 Ländern (u.a. der Schweiz) zwischen 2008 und 2017 untersucht. Der Median unfreiwilliger Unterbringungen in psychiatrischen Kliniken beträgt demnach 106.4 auf 100’000 Einwohnern (in der Schweiz beträgt er gemäss den Obsan Daten 2018 170 auf 100’000 Einwohner). Die Studie hat erhebliche Unterschiede zwischen den Unterbringungsraten verschiedener Länder ausgemacht. Für diese Unterschiede hat sie keine wesentlichen Erklärungen ausmachen können. Insbesondere scheint es grundsätzlich keinen Zusammenhang zwischen den Charakteristiken der nationalen Gesetzgebung betreffend die fürsorgerische Unterbringung und den Unterbringungsraten zu geben (für die Schweiz hat allerdings eine Studie von Jürg Gassmann ausgemacht, dass gewisse Charakteristiken des schweizerischen Rechts durchaus mit einer höheren Unterbringungsrate korrelieren würden). Demgegenüber konnte die Studie eine Korrelation zwischen höheren unfreiwilligen Unterbringungen in psychiatrischen Einrichtungen und folgenden Faktoren ausmachen: Tiefere Armutsrate; höheres Bruttoinlandsprodukt; höherer Ausländer*Innenanteil; höhere Bettenkapazitäten. Freilich handelt es sich nur um eine schwache Korrelation.

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Fakten statt einseitiger Journalismus!

Vor Kurzem hat die Basler Zeitung eingehend über einen Fall berichtet, in welchem das Appellationsgericht Basel-Stadt (Beschwerdeinstanz im Kanton Basel-Stadt) eine von der hiesigen KESB angeordnete Fremdplatzierung aufgehoben hat. Wer die nun veröffentlichte Entscheidbegründung des Gerichts liest, erhält einen viel differenzierteren Einblick in den Fall als durch die Lektüre der Basler Zeitung.

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Einbezug der Gemeinden in KESB-Verfahren

Das Bundesgericht hat sich im Rahmen einer abstrakten Normenkontrolle (§ 49 Abs. 3 und 4 des EG KESR/ZH) zum Einbezug von Gemeinden im Verfahren vor der KESB bzw. zur damit zusammenhängenden Akteneinsicht der Gemeinde äussern können (Urteil 5C_1/2018 vom 8. März 2019): Demnach könne das kantonale Recht die KESB verpflichten, vor einem Entscheid die Wohnsitzgemeinde zur Stellungnahme einzuladen, wenn die Gemeinde durch eine geplante Massnahme in ihren Interessen wesentlich berührt ist. Da die Gemeinde nicht zu den am Verfahren beteiligten Personen gehöre, habe sie keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach Art. 449b ZGB. Einen solchen Anspruch könne auch das kantonale Recht nicht einräumen. Damit die Gemeinde sich zum beabsichtigten Entscheid äussern könne, habe die KESB nach pflichtgemässen Ermessen zu entscheiden, was sie ihr über eine geplante Massnahme mitteilen dürfe. Insofern sei ein im kantonalen Recht vorgesehenes Recht auf „Akteneinsicht“ als Recht auf Orientierung zu verstehen.

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