Care Leavers

Wenn Angebote des stationären Kindesschutzes enden, erhalten die platzierten Jugendlichen meist weniger Unterstützung auf ihrem Weg in die Selbständigkeit als andere Jugendliche. Das ist insofern Paradox, als gerade für diese sog. «Care Leavers» mit dem Übergang in die Selbständigkeit zahlreiche Herausforderungen verbunden sind (z.B. in Bezug auf soziale Beziehungen, das Wohne, administrative Belange). Deshalb ist es wichtig, dass sie über Bezugspersonen verfügen, welche sie auch nach dem Austritt aus einer Pflegefamilie oder aus einer Einrichtung weiterhin unterstützen. Die «Basler Zeitung» berichtet über ein sog. «Care-Leaver-Netzwerk» in der Region Basel. In diesem Netzwerk sollen ehemalige Heim- und Pflegekinder, denen es gelungen ist, im Leben Fuss zu fassen, diejenigen Jugendlichen unterstützen, denen der Austritt noch bevorsteht (mehr zum Projekt findet sich auch hier).

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Zusammensetzung Bundesgericht

Das Bundesgericht hat seine Abteilungen für das nächste Jahr neu besetzt (vgl. die Medienmitteilung). Für Beschwerden im Bereich des Kindes- und Erwachsenenschutzes ist die zweite zivilrechtliche Abteilung zuständig. Diese setzt sich weiterhin wie folgt zusammen: Christian Herrmann (Abteilungspräsident); Elisabeth Escher; Luca Marazzi; Nicolas von Werdt; Felix Schöbi; Grégory Bovey

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FU: Rückweisungsentscheid und Entlassung der betroffenen Person

Wenn Gerichte eine Beschwerde gegen die fürsorgerische Unterbringung gutheissen und die Angelegenheit an die untere Instanz zurückweisen, ordnen sie in aller Regel die Rückbehaltung der betroffenen Person in der Einrichtung an, bis ein neuer Entscheid der unteren Instanz vorliegt. Die Rechtsgrundlage für eine solche Anordnung bleibt dabei meist unklar. In einem neuen Entscheid hat das Bundesgericht folgenden Ansatz gewählt: «Mit diesem Rückweisungsentscheid (Anmerkung: Des Bundesgerichtes) befindet sich das Verfahren wieder im zweitinstanzlichen Instruktionsstadium. Nachdem die KESB einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung entzogen, die Vorinstanz diese nicht wiederhergestellt und der Beschwerdeführer im bundesgerichtlichen Verfahren nicht um aufschiebende Wirkung ersucht hat, ist die von der KESB angeordnete fürsorgerische Unterbringung weiterhin vollstreckbar.“ Dazu ist anzumerken, dass einer Beschwerde im Bereich der FU von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 450e Abs. 2 ZGB). Diese besteht also „automatisch“ nicht – es sei denn, die kantonale Beschwerdeinstanz würde die aufschiebende Wirkung von Gesetzes wegen anordnen.    

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Fürsorgerische Unterbringung zur Betreuung bei fehlender Besserungsaussicht – Verhältnismässigkeit

In einem neuen Urteil musste sich das Bundesgericht mit der Beschwerde eines Mannes befassen, bei welchem zwar eine chronische wahnhafte Symptomatik deutlich eingedämmt werden konnte, jedoch nach wie vor ein „Kernwahn“ bestand. Dieser kann nach ärztlichen Angaben nicht behandelt werden. Das Bundesgericht erinnerte zunächst daran, dass die Behörden fürsorgerische Unterbringungen zur Betreuung einer Person auch anordnen dürfen, wenn diese voraussichtlich auf Dauer fortbestehen werden. Die Unheilbarkeit eines Leidens steht einer fürsorgerischen Unterbringung folglich nicht in jedem Fall entgegen. Das Gericht setzt aber – mit Blick auf die ausserordentliche Schwere der Massnahme – in solchen Fällen hohe Anforderungen an die Verhältnismässigkeit der Massnahme. Namentlich müssen die Behörden prüfen, ob Institutionen mit einem offenerem Setting (als die anvisierte Institution) für die Betreuung in Frage kommen. Zudem muss diese Prüfung Prüfung in der Entscheidbegründung Niederschlag finden.

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Öffentliches Beschwerdeverfahren?

Unter welchen Voraussetzungen besteht im kantonalen Beschwerdeverfahren Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung. Das Bundesgericht hat die entsprechenden Grundsätze in einem neuen Entscheid zusammengefasst. Demnach gilt folgendes: «Grundsätzlich hat ein Gericht, das mit einer in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallenden zivilrechtlichen Streitsache befasst ist, publikumsöffentlich zu verhandeln, es sei denn, es liegt ein in Art. 6 Ziff. 1 EMRK aufgeführter Ausnahmegrund vor, oder die Parteien haben explizit oder stillschweigend darauf verzichtet (BGE 142 I 188 E. 3.1.1). … Ist der Ausschluss der Öffentlichkeit indes ausnahmsweise zulässig, besteht unter diesem Titel kein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (BGE 142 I 188 E. 3.2.1), denn Art. 6 Ziff. 1 EMRK gewährt selbst unter seinem Teilgehalt des Äusserungsrechts keinen Anspruch der Partei, sich persönlich oder mündlich vor dem Gericht zu äussern. … Aus dem ebenfalls in Art. 6 Ziff. 1 EMRK enthaltenen Anspruch auf ein faires Verfahren, worunter der Anspruch auf rechtliches Gehör und damit verbunden der Anspruch auf Beweis fällt, folgt die Pflicht, die Partei persönlich und/oder mündlich anzuhören, wenn es unter den gegebenen Umständen entscheidend ist, dass das Gericht einen persönlichen Eindruck über die Partei gewinnen kann (BGE 142 I 188 E. 3.3). Weil der Anspruch, persönlich angehört zu werden, nur unter bestimmten Bedingungen besteht, obliegt es der Partei, die sich darauf beruft, darzulegen, inwiefern diese Voraussetzungen gegeben sind (BGE 142 I 188 E. 3.3.1).“ Für Anwaltspersonen bedeutet dies, dass nicht einfach abstrakt eine publikumsöffentliche Verhandlung verlangt werden sollte.

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«Heim- und Verdingkinder – die Aufarbeitung des grossen Unrechts»

SRF hat gestern unter diesem Titel einen Dokumentarfilm ausgestrahlt. Der Film portraitiert ehemalige Heim- und Verdingkinder, zeichnet die Aufarbeitung des Unrechts nach und beschäftigt sich mit der Frage, ob diese Aufarbeitung ein grossartiger Erfolg oder ein fauler Kompromiss darstellt. Sehenswert!  

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Zweck der Kindesanhörung

Eine Kindesanhörung dient nicht einfach der Information des Kindes über die Massnahme, welche die KESB errichten wird. Auf diesen Grundsatz wies das Bundesgericht in einem neueren Urteil hin. Im zu beurteilenden Fall musste die KESB über die Errichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge entscheiden. Die Behörde lud die Tochter, welche damals im 13. Lebensjahr stand, zur «Anhörung» ein. Zu Beginn der Anhörung hielt die anhörende Person gegenüber der Jugendlichen fest, die KESB werde die gemeinsame elterliche Sorge verfügen. Im weiteren Verlauf der Anhörung erläuterte die anhörende Person die Entscheidgründe. Auf Einwände der Jugendlichen ging die anhörende Person dabei offenbar nicht ein.

Ein solches Vorgehen hat das Bundesgericht zu Recht als unzulässig bezeichnet (weshalb die kantonale Beschwerdeinstanz selber eine Anhörung hätte durchführen müssen). Dass zu Beginn der Anhörung bereits mitgeteilt wird, welchen Entscheid die KESB treffen wird, untergräbt den Sinn der Anhörung: Das Ergebnis der Anhörung soll ja gerade in die Entscheidfindung einfliessen. Nur so ist gewährleistet, dass ihr Zweck (insbesondere: persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht; Mittel zur Sachverhaltsaufklärung) erreicht werden kann.

Eine Ausnahme ist m.E. vorzunehmen, wenn die KESB unabhängig vom Ergebnis der Anhörung einen bestimmten Entscheid treffen muss (v.a.: Errichtung einer Beistandschaft nach Art. 306 ZGB, wenn der Inhaber der elterlichen Sorge am Handeln verhindert ist oder eine Interessenkollision vorliegt). Dann kommt der Anhörung vorab einen informativen Charakter zu (was aber – anders als im vorliegenden Fall geschehen – auch heisst, auf Einwände des Kindes einzugehen).    

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Verlängerung COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht

Die Covid-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht bringt für die Behörden im Kindes- und Erwachsenenschutz diverse verfahrensmässige Erleichterungen mit sich (vgl. Art. 6 der Verordnung). Die Verordnung war ursprünglich bis zum 30. September 2020 befristet. Nun hat der Bundesrat die Geltungsdauer der Verordnung bis zum 31. Dezember 2021 verlängert (vgl. Art. 10 Abs. 3 der Verordnung; Anmerkung: In einer früheren Version des Beitrages habe ich fälschlicherweise festgehalten, die Verordnung sei bis Ende Dezember 2020 verlängert worden).

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