Unter welchen Voraussetzungen besteht im kantonalen Beschwerdeverfahren Anspruch auf eine öffentliche Verhandlung. Das Bundesgericht hat die entsprechenden Grundsätze in einem neuen Entscheid zusammengefasst. Demnach gilt folgendes: «Grundsätzlich hat ein Gericht, das mit einer in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallenden zivilrechtlichen Streitsache befasst ist, publikumsöffentlich zu verhandeln, es sei denn, es liegt ein in Art. 6 Ziff. 1 EMRK aufgeführter Ausnahmegrund vor, oder die Parteien haben explizit oder stillschweigend darauf verzichtet (BGE 142 I 188 E. 3.1.1). … Ist der Ausschluss der Öffentlichkeit indes ausnahmsweise zulässig, besteht unter diesem Titel kein Anspruch auf eine mündliche Verhandlung (BGE 142 I 188 E. 3.2.1), denn Art. 6 Ziff. 1 EMRK gewährt selbst unter seinem Teilgehalt des Äusserungsrechts keinen Anspruch der Partei, sich persönlich oder mündlich vor dem Gericht zu äussern. … Aus dem ebenfalls in Art. 6 Ziff. 1 EMRK enthaltenen Anspruch auf ein faires Verfahren, worunter der Anspruch auf rechtliches Gehör und damit verbunden der Anspruch auf Beweis fällt, folgt die Pflicht, die Partei persönlich und/oder mündlich anzuhören, wenn es unter den gegebenen Umständen entscheidend ist, dass das Gericht einen persönlichen Eindruck über die Partei gewinnen kann (BGE 142 I 188 E. 3.3). Weil der Anspruch, persönlich angehört zu werden, nur unter bestimmten Bedingungen besteht, obliegt es der Partei, die sich darauf beruft, darzulegen, inwiefern diese Voraussetzungen gegeben sind (BGE 142 I 188 E. 3.3.1).“ Für Anwaltspersonen bedeutet dies, dass nicht einfach abstrakt eine publikumsöffentliche Verhandlung verlangt werden sollte.
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