Im Zusammenhang mit der Ausübung des Besuchskontaktes während der Corona-Krise stellen sich verschiedene Fragen. Die KOKES hat hierzu Empfehlungen erlassen. Die Stossrichtung, wonach die Pandemie in der Regel bestehende Besuchsrechts-Arrangements nicht ausser Kraft setzt, die Eltern bei Bedarf aber in der Pflicht stehen, diese unter Einbezuges des Kindes abzuändern, ist unbedingt zuzustimmen.
Einigen sich die Eltern nicht, kann m.E. nur die KESB bestehende Besuchrechtsregelungen abändern. Eine Absage einzelner, weniger Besuchskontakte darf demgegenüber durch die Beistandsperson vorgenommen werden (weil die Pandemie teilweise umgehendes Handeln verlangt, die KESB aber derzeit auch mit geringeren Kapazitäten arbeiten, sind die Kompetenzen der Beistandspersonen zur Absage von Besuchskontakten m.E. weitreichender ausgestaltet als dies üblich der Fall ist).
Die KESB bzw. die Beistandspersonen haben bei ihrem Entscheid diverse Aspekte zu berücksichtigen, so z.B. gemäss Affolter/Maranta/Mösch
a) welche zusätzlichen Gefahren die Transportmöglichkeiten zur Ausübung des Besuchsrechts für alle Beteiligten mit sich bringen
b) ob die reduzierten Angebote des öV überhaupt noch eine Besuchsrechtsausübung erlauben,
c) welche Betreuungsmöglichkeiten der besuchsberechtigte Elternteil angesichts eingeschränkter Angebote (z.B. geschlossene öffentliche Parkanlagen und Spielplätze) hat beziehungsweise welche institutionellen Angebote seitens des Kantons und der Gemeinde noch oder neu erbracht werden,
d) ob der besuchsbelastete Elternteil auf die Besuche des Kindes beim andern Elternteil organisatorisch überhaupt verzichten kann,
e) ob das Kind oder eine andere Person im Haushalt einer Risikogruppe angehört,
f) in welchem konkreten gesundheitlichen Zustand sich die Betroffenen befinden und welche Übertragungsgefahren aufgrund deren Aussenkontakte bestehen. Wenn ein gesunder Elternteil die Abstandsvorschriften von 2m zum Kind nicht einhält, dürfte dies für sich allein kein Grund sein, den persönlichen Kontakt zu verweigern, weil die Abstandsvorschriften innerfamiliär (d.h. gegenüber dem überwiegend Betreuenden und den Geschwistern) unter «normalen» Bedingungen auch nicht Gültigkeit haben können und ein diesbezügliches Übertragungsrisiko in Kauf genommen wird,
g) in welcher Belastungssituation sich die Betroffenen befinden (z.B. Überstunden als Pflegepersonal),
h) wie alt das Kind ist und wie einschneidend demgemäss eine längere Kontaktpause wäre,
i) ob es altersgerechte technische Alternativen (z.B. Videochat) zur Kontaktpflege gibt.
Ist der Besuchskontakt noch nicht geregelt, kann der persönliche Verkehr nicht gegen den Willen des alleine sorgeberechtigten Elternteils ausgeübt werden (Art. 275 Abs. 3 ZGB). Bei gemeinsamer elterlicher Sorge m.E. muss die KESB den Besuchskontakt regeln (diese Auffassung ist allerdings strittig: Gemäss einem Teil der Lehre gilt hier Art. 275 Abs. 3 ZGB analog).