Covid-19 und Verfahrensrecht

Heute habe ich die Verordnung über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus (COVID-19-Verordnung Justiz und Verfahrensrecht) näher betrachtet. Dabei habe ich festgestellt, dass sie auch das Verfahren vor der KESB betrifft. Art. 6 der Verordnung lässt es zu, die Anzahl der an der Anhörung teilnehmenden Behördenvertreter zu verkleinern sowie vom Grundsatz der unmittelbaren Anhörung abzuweichen: «In Abweichung von den Artikeln 314a Absatz 1, 447 und 450e des Zivilgesetzbuches können persönliche Anhörungen durch ein einzelnes Mitglied oder eine Delegation der Kindes- oder Erwachsenenschutzbehörde oder der gerichtlichen Beschwerdeinstanz erfolgen und mittels Video- oder Telefonkonferenz gemäss Artikel 4 durchgeführt werden. Sofern eine Verhandlung stattfindet, kann diese ebenfalls mittels Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden.». Artikel 4 statuiert Vorgaben für die Durchführung von Video- oder Telefonkonferenzen. Demnach muss a. die Übertragung von Ton und gegebenenfalls Bild zwischen sämtlichen beteiligten Personen zeitgleich erfolgen; b. bei Einvernahmen gemäss Artikel 2 Absatz 2 und Anhörungen gemäss Artikel 3 eine Aufzeichnung von Ton und gegebenenfalls Bild erfolgen und diese zu den Akten genommen werden; und c. der Datenschutz und die Datensicherheit muss gewährleistet sein. Zur Begründung hält der Bundesrat folgendes fest: «Auch für Verfahren des Kindes- und Erwachsenenschutzes sind dringend notrechtlich besondere Massnahmen zu erlassen und zwar für fürsorgerische Unterbringungen. Diese Verfahren dulden im Interesse der betroffenen Person keinen Aufschub und müssen rasch abgewickelt werden, weshalb auch besonders kurze Fristen gelten. In Abweichung vom geltenden Gesetzesrecht ist daher vorzusehen, dass nicht nur ausnahmsweise die persönliche Anhörung der betroffenen Person nicht durch das Kollegium der Kindes- oder Erwachsenenschutzbehörde oder der gerichtlichen Beschwerdeinstanz erfolgt, sondern durch ein einzelnes Mitglied oder eine Delegation. Zudem ist auch hier die Durchführung der persönlichen Anhörung mittels Video- oder Telefonkonferenz zulässig und zwar unabhängig vom Einverständnis der betroffenen Person, wie dies ebenfalls bereits teilweise praktiziert wird. Die Grundsätze von Artikel 4 für den Einsatz von Video- und Telefonkonferenzen und damit auch für die Aufzeichnung und deren Aufbewahrung gelten sinngemäss. Sofern eine Verhandlung stattfindet, kann diese ebenfalls mittels Video- oder Telefonkonferenz gemäss Artikel 4 durchgeführt werden. Auch ohne notrechtliche Regelung auf der Grundlage des geltenden Rechts zulässig ist die Durchführung weiterer Handlungen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde mittels Video- oder Telefonkonferenz, so insbesondere die Abklärungen der Verhältnisse gemäss Artikel 446 Absatz 2 ZGB.»