Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts: Gesetzliche Grundlage

In einem neuen Urteil musste sich das Bundesgericht mit einer Fremdplatzierung befassen. Ein heute 12- bis 13-jähriger Jugendlicher wurde vor ca. 5 Jahren einvernehmlich fremdplatziert. Vor rund 4 Jahren hat die KESB dann den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Rahmen einer vorsorglichen Massnahme entzogen, um die weitere Unterbringung abzusichern. Am 19. Februar 2019 (also erst 2 Jahre nach dem Ergehen der vorsorglichen Massnahme) hat die KESB die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts «definitiv» vorgenommen. Das Obergericht des Kantons Zürich hob die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter wieder auf (der Entzug gegenüber dem Vater blieb demgegenüber bestehen). Dagegen beschwerte sich der Jugendlich, vertreten durch seine Kinderanwältin, beim Bundesgericht.

Interessanter als der materielle Entscheid erscheint die Prüffolge des Bundesgerichts. Dieses hat zunächst geprüft, ob noch ein Grund bestehe, damit eine Aufhebung gemäss Art. 310 Abs. 1 ZGB vorzunehmen sei. Nachdem es diese Frage verneint hatte, prüfte das Bundesgericht – auf Antrag des Jugendlichen – weiter, ob der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrechts der Mutter gestützt auf Art. 310 Abs. 3 ZGB aufrecht erhalten werden müsse. Inhaltlich erscheint es natürlich durchaus richtig, im vorliegenden Fall (der Jugendliche hat sein halbes Leben nicht bei den Eltern verbracht) sorgfältig zu prüfen, die Verwurzelung an seinem jetzigen Aufenthaltsort bzw. der drohende Abbruch von Bindungen gegen den Abbruch der Unterbringung spricht. Jedoch erscheint Art. 310 Abs. 3 ZGB vorliegend nicht die zutreffende rechtliche Grundlage, bezieht sich dieser Artikel – jedenfalls nach bisherigem Verständnis – nur auf die Konstellation, dass ein Kind einvernehmlich bei Dritten lebt. Dies war aber vorliegend nicht (mehr) der Fall. Es bleibt abzuwarten, ob es sich beim Entscheid um einen «Ausreisser» handelt, oder ob das Bundesgericht tatsächlich den Anwendungsbereich von Art. 310 Abs. 3 ZGB erweitern möchte.